Mit 30 muss man alles erreicht haben!
- Stine
- 18. Aug. 2019
- 6 Min. Lesezeit

Es ist schon eine Weile her, dass ich mich in meinem Blog mit einem Beitrag bei euch gemeldet habe. Allerdings gab es in den letzten Wochen ein Thema, welches mich persönlich sehr beschäftigt hat und dieses unbedingt mit euch teilen möchte.
Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich vor einigen Wochen Geburtstag hatte und nun in die Gruppe der 30-Jährigen aufgenommen worden bin. Eigentlich war ich überrascht wie mich dieses Thema doch so beschäftigt und das habe ich heute wieder bei einem Frühstück mit einer Freundin gemerkt. Und es lies mich nicht locker, sodass ich der Auffassung war, es geht mit hundert prozentiger Sicherheit nicht nur mir so, wenn es um die Materie geht: Wie gehen andere damit um, dass du 30 Jahre alt wirst?
Ich weiß noch ganz genau wie ich als kleines Mädchen die Nacht vor meinem Geburtstag nie einschlafen konnte vor Aufregung. Alles war einfach so spannend! Die einzig wichtigen Dinge die einem in seinem kleinen Kinderkopf umherschwirrten drehten sich um die Geschenke, welche man bekam, ob Mama wieder ''Kalten Hund'' für mich gebacken hat und sich einfach alle für einen freuten. Früher wurde man dann gefragt wie alt man geworden ist und kommentiert wurde das Alter dann immer mit: „Ach, so alt bist du schon? Mensch, dann bist du ja schon ein richtig großes Mädchen und bald erwachsen!“
Wenn man heute Geburtstag hat kommt nur der Kommentar: „Und wieder ein Jahr älter. Fühlt sich schlimm an oder?“ Früher hatte ich so gern Geburtstag und eigentlich habe ich das auch immer noch. Jedoch gibt es Menschen, die einem das wirklich vermiesen können und dabei meinen sie es nicht böse.
An sich hätte ich vor ein paar Jahren nicht geglaubt, dass ich solch ein Problem damit habe 30 zu werden. Allerdings habe ich das Gefühl, nicht ich habe ein Problem, sondern meine Umwelt hat damit ein Problem. Warum? Weil man doch alles erreicht haben muss sobald die Zahl 30 in seinem Leben auftaucht.
Bis vor einigen Monaten, also vor diesem Wandel des Alters, war ich ziemlich zufrieden mit mir und meinem Leben. Ich war auf dem guten Weg ein Thema für meine Masterarbeit zu finden, kam gerade erst aus Kanada wieder, habe die gemeinsame Zeit mit meinem Mann genossen, bin dann viel gereist und habe endlich eine berufliche Orientierung für mich gefunden mit der ich unglaublich glücklich war. Und dann kam der große Tag und ich wurde 30!!
Schon Wochen vorher wurde ich oft gefragt wie es mir ergehe und ob es sich komisch anfühlt nun diese Null zu tragen und ich antwortete immer mit ''nein'', denn ich war wirklich zufrieden und habe mir nie wirklich Gedanken um mein Alter gemacht. Allerdings wurde mir solch oder ähnliche Frage ununterbrochen gestellt, sodass ich mir irgendwann selbst die Frage stellte: Was zur Hölle mache ich hier eigentlich?
Damit ihr versteht warum ich anfing mir diese Frage zu stellen ist es wichtig euch zu erklären was Menschen und damit meine ich Freunde und Familie, aber auch teilweise außenstehende Menschen in einem auslösen, wenn Fragen gestellt werden wie: Was willst du nach deinem Studium machen? Wo wollt ihr (mein Mann und ich) denn leben? Wollt ihr nicht ein Haus bauen? Wann wirst DU denn schwanger? Bist du schwanger?
Oder Aussagen wie: Mit 30 will dich eh keiner mehr auf dem Arbeitsmarkt! Wir dachten du wärst die erste von uns, die schwanger wird und eine Familie gründet!
Es tut mir leid, dass ich anscheinend all diese Anforderungen an euch noch nicht erfüllt habe.
Verdammt, was soll das eigentlich? Ja, ich bin 30 und ja ich schreibe jetzt erst an meiner Masterarbeit, aber heißt das etwa, dass ich für den Arbeitsmarkt uninteressant bin oder ich ja jetzt eigentlich schon zu alt bin, um Kinder zu bekommen?
Sie alle meinen es wahrscheinlich nur gut mit mir, aber sie haben keine Ahnung, welche Belastung das eigentlich für mich bedeutet. Ich weiß nicht, ob ich hier ein wenig überempfindlich bin, aber anscheinend kann man mit 30 nicht glücklich sein WENN; man entweder keine Kinder hat, nicht einen voll ausgereiften Plan vorlegen kann, man noch nicht seit fünf Jahren arbeitet und man noch nicht verheiratet ist. Gut, ich bin zwar verheiratet jedoch war für mich nie wichtig, ob ich mit 30 verheiratet bin oder nicht. Es hat sich bei mir tatsächlich so gefügt und ich bin sehr glücklich darüber. Nur vermittelt die Gesellschaft mir folgendes:
Wenn du bis 30 nicht verheiratet bist und keine Kinder hast dann stimmt etwas nicht mit dir!
Der beste Satz den ich einmal auf einem Klassentreffen, vor anderthalb Jahren, das heißt ich war zu dem Zeitpunkt 28, zu hören bekommen habe und da blieb mir wirklich der Mund offen stehen war folgender: „Na immerhin bist du ja verheiratet!“
Ah ja, genau. Äh, wie bitte? Und man beachte; damals war ich noch keine 30!
Ich muss vielleicht noch erwähnen, dass die Person verheiratet war, gerade das zweite Kind bekommen hat und den Beruf der Lehrerin ausübt. Das heißt sie hat mit dem Lehramtsstudium ein beruflich vorgegebenes Ziel. Bei mir sieht das anders aus und ich wette bei ganz vielen von euch auch. Im Gebiet der Geisteswissenschaften im Bachelor als auch im Master gibt es diverse berufliche Wege die man einschlagen kann. Nur verstehen das nicht unbedingt Oma oder Opa. Egal. Was ich eigentlich mit dieser Aussage zeigen wollte, ist, dass selbst in unserem Alter die Vorstellung vorherrscht, man MÜSSE verheiratet sein und man MÜSSE schon mindestens ein Kind haben. Bin ich jetzt aber ein schlechter Mensch oder muss ich mir schlecht vorkommen, wenn ich das noch nicht habe, einen Mann und ein Kind? Stimmt was nicht mit mir??
Anscheinend.
Es ist ziemlich schwer mit sich und der Welt glücklich zu sein, wenn die Gesellschaft einem ständig zeigt, dass von dir etwas anderes erwartet wird. Ich bin nicht wirklich ein Mensch, der sich etwas vorschreiben lässt und ich vertrete auch die Meinung, das alles im Leben einen Sinn hat und sich alles fügen wird. Damit will ich nicht sagen, dass man nicht schwer arbeiten muss für Dinge, die man erreichen will und Ziele die man verfolgt. Was ich sagen will ist, dass man an sich selbst glauben soll! Das tue ich jedenfalls für mich. Ich glaube an mich. Das klappt auch zum großen Teil ziemlich gut. Nur wird es einem so verdammt schwer gemacht, wenn Erwartungen, Druck und soziale Normen doch etwas ganz anderes von uns verlangen. Und was mich so überrascht sind jene Erwartungen (die eben genannt wurden) des 21. Jahrhunderts, welche sich nicht wirklich von jenen aus dem 19. oder auch noch aus dem 20. Jahrhundert unterscheiden.
Vor einigen Jahren als es mir emotional nicht besonders gut ging bin ich auf ein Buch gestoßen, welches mich auch immer noch begleitet. Damals hat es mir dabei geholfen mich aus einer schlimmen persönlichen Krise zu ziehen. Heute hab ich es aus dem Regal geholt, weil ich so verzweifelt und hilflos war und ich wusste zu diesem großen Thema des 30-Werdens passt es sehr gut.
Das Buch heißt: Willst du Normal sein oder glücklich? und der Autor Robert Beetz hat mir sehr viele schlaue Ratschläge und Anregungen gegeben mal über mich und mein Leben nachzudenken. Ich will hier keine Werbung machen. Allerdings hat mich dieses Buch so geprägt, dass ich es hier erwähnen muss. Jeder kann sich seine eigene Meinung zu diesem Buch machen. Manche unter euch finden es vielleicht auch bescheuert und das ist auch total okay. Ich kann hier nur für mich sprechen und eine der wichtigsten Erkenntnisse war für mich, dass ICH für MICH mit mir und meinem Leben glücklich sein muss und kein anderer. Ich verlange von keinem, dass er oder sie mein Leben toll findet, aber genauso darf ich nicht über ein bestimmtes Leben von anderen Menschen kritisieren, solange sie glücklich damit sind. Ich verurteile niemanden dafür in meinem Alter schon Kinder zu haben. Ich freue mich doch, wenn genau das sie erfüllt. Aber bitte freut euch doch einfach für mich, wenn ich JETZT noch keine Kinder habe und auch damit glücklich bin.
Manchmal wäre ich gern wieder das kleine Mädchen, das tanzend vor dem Spiegel steht und sich über sich und sein kleines Leben freut. Wenn wir heute vor dem Spiegel stehen, sehen wir uns an und würden gern diese Körperpartie ändern und an anderer Stelle noch etwas schlanker sein. Wo ist denn das kleine Mädchen oder der kleine Junge, welche sich anschauen und sich auf das ''Großwerden'' freuen? Erwachsensein ist nicht einfach und erst recht nicht immer so toll wie dir die ältere Generation früher immer suggeriert hat.
Ich bin auf dem guten Weg glücklich zu sein darüber wer ich bin, was ich bis jetzt geleistet und erreicht habe und was mein Körper alles für mich leistet. Dreißig hin oder her, freut euch über das Leben, welches ihr habt und stell dir die Frage: Willst du normal sein oder glücklich? Das reicht schon aus. Für manche Dinge im Leben möchte ich bereit sein und sie nicht jetzt schon tun nur weil es von mir verlangt wird. Denn dann mache ich andere Menschen glücklich nur nicht mich selbst.
Schwierig ist nur diese Dinge genau differenzieren zu können, ob du es für dich tust oder für andere. Das ist nicht immer einfach, da wir schnell Meinungen und Einstellungen anderer unbewusst aufnehmen ohne uns die Frage zu stellen: Ist das mein Bestreben oder das jener dritter Personen?
Teilt mir eure Erfahrungen oder Meinungen über dieses doch große Thema gerne mit :)
Eure Stine
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